Buttenwiesen ist ein ehemaliger Judenort. Die Geschichte Buttenwiesens ist ohne Juden nicht denkbar. Mehr als 350 Jahre prägten sie wesentlich ihren Heimatort.
Juden wurden in Buttenwiesen erstmals 1571 und 1572 erwähnt. Die Markgrafschaft Burgau, zu der Buttenwiesen seit Beginn des 14. Jahrhunderts gehörte, forcierte die Ansiedlung von Juden im Wesentlichen aus zwei Gründen: (1) Die Juden waren verpflichtet, hohe Abgaben zu bezahlen. (2) Die Markgrafschaft Burgau instrumentalisierte die Juden im Kampf um die Ortsherrschaft in Buttenwiesen, wo Burgau über einen geringen Grundbesitz und damit eine schwache Machtposition gegenüber den Herrschaftskonkurrenten verfügte. In der Tat gelang es der habsburgischen Markgrafschaft Burgau, im Laufe des 17. Jahrhunderts durch die steigende Anzahl von jüdischen Neuansiedlungen die alleinige Ortsherrschaft in Buttenwiesen zu erringen.
Die Anfänge der jüdischen Gemeinde Buttenwiesen lassen sich bis zum heutigen Tag an der dörflichen Topografie ablesen. Da Burgau als Inhaber der Landesherrschaft die Straßenhoheit innehatte, erhielten die jüdischen Neuaufgenommenen das Recht, am Straßenrand ihre Häuser zu errichten. Die Donauwörther Straße sowie ansatzweise die Wertinger Straße bezeugen mit ihrer dichten Bebauung ohne Hofräume und Stallungen, dass es sich bei ihnen um ehemalige jüdische Wohnviertel handelte, die direkt auf der Durchgangsstraße errichtet worden waren. Gleiches gilt für den heutigen Marktplatz, dessen umgangssprachliche Bezeichnung „Judenhof“ seinen Charakter als früher vornehmlich von Juden bewohnten Bereich ausdrückt.
Aus den geschilderten herrschaftspolitischen Hintergründen erklärt sich auch das schnelle demografische Wachstum der jüdischen Gemeinde in Buttenwiesen. Während im 16. Jahrhundert nur einige wenige jüdische Familien ansässig waren, vermehrte sich ihre Anzahl nach dem Dreißigjährigen Krieg rasch, so dass 1705 bereits 35 Familien gezählt wurden. Auch das 18. Jahrhundert war von einem markanten jüdischen Bevölkerungsanstieg geprägt: 1753 und 1790 wohnten bereits 66 Familien im Zusamtal. Im 19. Jahrhundert fand diese Entwicklung ihre Fortsetzung: 1802 bekannten sich 353 Buttenwiesener zum jüdischen Glauben, 1852 waren es bereits 446 Personen (79 Familien), die gegenüber ihren christlichen Nachbarn mit einem Anteil von bis zu zwei Dritteln zeitweise deutlich in der Mehrheit waren.
Angesichts der stattlichen Größe der Buttenwiesener jüdischen Gemeinde ist es erklärbar, dass die von der Judenschaft benötigten zentralen Kulteinrichtungen vorhanden waren. Bereits 1632 erwarb die Gemeinde ein Grundstück, um einen jüdischen Friedhof einzurichten, ebenso ist ein Ritualbad (Mikwe) bekannt, das erstmals 1807 erwähnt wurde, dessen Anfänge aber vermutlich bis weit in das 17. Jahrhundert zurückreichen.
Die Buttenwiesener Synagoge als Bet- und Versammlungshaus ist erstmals um 1700 belegt, wahrscheinlich wurde das Gebäude im 17. Jahrhundert errichtet. 1856/57 ersetzte ein Neubau im neomaurischen Stil die alte Synagoge. Die feierliche Einweihung der neuen Synagoge 1857 stellt den Höhepunkt der jüdischen Geschichte Buttenwiesens dar.
Zu diesem Zeitpunkt bekannten sich fast die Hälfte aller Einwohner zum jüdischen Glauben. Die Israeliten waren in der zweiten Hälfte des 19. und in den ersten Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts in das Dorfleben integriert. Viele Vereinsgründungen gingen auf ihre Initiative zurück, in einigen Vereinen nahmen Juden als Vorstandschaftsmitglieder wichtige Positionen ein. Der Bau der Lokalbahnstrecke Wertingen – Mertingen wurde 1905 durch das maßgebliche Engagement einiger jüdischer Kaufleute aus Buttenwiesen ermöglicht. Ebenso waren es Juden, die 1900 den Bau der ersten Wasserleitung sowie deren Erweiterung 1910 veranlassten.
Nachdem den Juden im Königreich Bayern 1861 die Freizügigkeit eingeräumt worden war, siedelten viele Buttenwiesener Juden in größere Städte über oder wanderten nach Amerika aus, wo sich ihnen bessere ökonomische Möglichkeiten boten. In der Folge dieser Entwicklung musste die israelitische Kultusgemeinde Buttenwiesen einen deutlichen demografischen Rückgang hinnehmen: Wohnten 1852 noch 446 Juden im Zusamtalort, waren es 1867 nur noch 344 Personen, deren Anzahl sich bis 1890 gar auf 232 verringert hatte (29,5 % der Gesamtbevölkerung). In den folgenden Jahrzehnten dauerte die Abwanderungswelle an: 1910 lebten nur noch 148 Juden in Buttenwiesen (17,5 %), zu Beginn der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft 1933 waren es noch 73 Personen (9,2 %).
Wie in allen anderen Orten war die NS-Zeit auch in Buttenwiesen mit einer weitreichenden Diskriminierung, Entrechtung und Verdrängung der Juden aus dem öffentlichen Leben verbunden. Viele Buttenwiesener Juden sahen sich genötigt, ihre Heimat, um die sie sich große Verdienste erworben hatten, zu verlassen. 1942 lebten nur noch 40 Israeliten in Buttenwiesen, wovon 37 am 1. April 1942 in das Zwangsghetto Piaski (Polen) deportiert und vermutlich im Vernichtungslager Belzec ermordet wurden. Die restlichen drei Buttenwiesener Juden wurden am 29./30. Juli 1942 in das Ghetto Thersienstadt zwangsdeportiert. Dort kamen Elias Lammfromm und Fanny Reiter zu Tode. Thekla Lammfromm überlebte als einzige deportierte Buttenwiesener Jüdin den Holocaust.
Nach Kriegsende kehrten keine Juden mehr nach Buttenwiesen zurück.
Wie fast alle anderen Synagogen in Deutschland wurde in der Reichspogromnacht 1938 auch das Buttenwiesener Gotteshaus geschändet. Ein SA-Rollkommando aus Augsburg plünderte die Synagoge. Die Buttenwiesener Juden wurden gezwungen, ihre Synagoge selbst auszuräumen, die Ritualien, die Thora sowie das Archiv auszuliefern und auf den Lastwagen der Plünderer aufzuladen. Die Bänke und Möbel wurden später öffentlich versteigert. In der Synagoge selbst wurden in den letzten Kriegsjahren kriegswichtige Güter gelagert.
1950 erwarb die Gemeinde Buttenwiesen die ehemalige Synagoge und ließ 1951/52 unter Entfernung der kompletten Inneneinrichtung und völliger Umgestaltung der Außenfassaden vier Schulsäle einbauen. Bei der letzten Renovierung 1988/89 wurden die Fenster- und Türöffnungen der ehemaligen Synagoge durch Markierungen im Putz wieder angedeutet. Bis 1994 wurde das Gebäude als Volksschule genutzt. Heute stehen die Räume zum größten Teil leer, in einem ehemaligen Schulsaal feiert die evangelische Kirchengemeinde Wertingen Gottesdienste. An einem neuen Nutzungskonzept wird gearbeitet.
Die Gemeinde Buttenwiesen ist bestrebt, ihrer historischen Verantwortung aus der jüdischen Vergangenheit gerecht zu werden. 1991 wurde ein Gedenkstein für die ermordeten und zwangsverschleppten Juden eingeweiht, 2007 wurde in einer Gedenkveranstaltung an die Einweihung der Synagoge vor 150 Jahren erinnert, im Rathausfoyer sind die wenigen erhaltenen Überbleibsel der früheren Innenausstattung der Synagoge ausgestellt (10-Gebote-Tafel, Gedenktafel für gefallene jüdische Soldaten des 1. Weltkriegs). Die Gemeinde ist Mitglied im „Netzwerk Synagogenorte in Bayerisch-Schwaben“ (weiter zur Homepage Jüdisches-Schwaben-Netzwerk) und beteiligt sich regelmäßig am Europäischen Tag der Jüdischen Kultur.